
Saisonbedingt griff ich nach der Bibel. Dummerweise landete ich statt bei der Weihnachtsgeschichte bei Adam und Eva. Und somit zwangsläufig bei der Frage, die mich seit Jahren umtreibt: Hatten sie einen Bauchnabel oder nicht? Rein technisch wäre er überflüssig. Die ersten Menschen hingen an keiner Plazenta sondern wurden von Gott erschaffen. Aus Lehm.
Tief in den 90er Jahren erkundigte ich mich beim Pressedienst des damals für Zürcher Katholiken zuständigen Bischof Haas in Chur, wie die Kirche diese Sache sieht. Ich habe nie eine Antwort bekommen.
Dabei ist diese Frage durchaus berechtigt. Schliesslich kennen drei Weltreligionen die Schöpfungsgeschichte: Judentum, Christentum und Islam. Und in allen drei Religionen gibt es Fundamentalisten, die sie durchaus wörtlich nehmen. Speziell christliche – etwa der Zürcher SVP-Gemeinderat Daniel Regli oder der Glarner Schoggi-Fabrikant Johannes Läderach – finden, die Schöpfungslehre sei in der Schule gleichberechtigt neben der Evolutionslehre zu unterrichten.
Mit Verlaub, ich hätte noch weitere Fragen zur Genesis. Nach ihrer Vertreibung aus dem Paradies zeugen Adam und Eva zwei Söhne, Kain und Abel. Interessant wird es, nach dem Kain seinen Bruder erschlagen hat. Gott kennzeichnet ihn mit einem Mal, auf dass ihn niemand aus Rache auch erschlüge. Wer soll denn dieser Jemand sein? Es sind ja nur noch Adam und Eva da. Ein mündliche Mitteilung hätte also gereicht.
Laut meinem Bibel-Exemplar (Herausgegeben 1980 im Auftrag der Bischöfe Deutschlands, Österreichs und der Schweiz) ging Kain nach dem Brudermord weg und liess sich östlich von Eden im Lande Nod nieder. Dort zeugte er mit seiner Frau einen Sohn. Seiner Frau? Wo bitte kommt die denn plötzlich her?
Es wird noch besser. Kain gründet eine Stadt und benennt sie nach seinem Sohn Henoch. Eine Stadt? Für eine Drei-Personen-Kleinfamilie?
Kains Eltern arbeiten derweil am anderen Ende von Eden am Bevölkerungswachstum. Im Alter von 130 Jahren zeugt Adam mit Eva den dritten Sohn namens Set – und anschliessend etwa 30 weitere Kinder beiderlei Geschlechts. Mit 930 Jahren starb Adam völlig erschöpft.
Gemäss Erich von Däniken war Eden ein Versuchslabor, in dem Ausserirdische Genmanipulationen an einigen Neandertalern vornahmen. Heraus kamen, tata!, Adam und Eva, die ersten Homo sapiens. Dann aber ging Evas Libido mit ihr durch. Sie liess sich mit einem nichtmanipulierten Homonoiden von ausserhalb des Laborgartens ein. Dieser Sündenfall brachte das ganz Setting durcheinander, worauf der Chef der Ausserirdischen dem Zuchtprogramm den Geldhahn zudrehte. Es wurde eingestellt und die Belegschaft rausgeworfen.
Die Geschichte von Adam und Eva gilt als einer der mächtigsten Mythen der Menschheit. Sie ist für drei Weltreligionen relevant und wer sie einmal gehört hat, vergisst sie nicht mehr. Sie beantwortet aber die Sache mit dem Bauchnabel nicht.
Ich erhoffte mir Aufschluss im Vatikan und schaute Bilder von Michelangelos Gemälden in der Sixtinischen Kapelle genauer an. Vor allem das berühmte Bild, auf dem Gott Adam erschafft. Adam ist nackt, sein Bauchnabel deutlich zu sehen. Ich schaute genauer. Und erschrak. Gott trägt ein semi-transparentes Gewand. Und darunter ist etwas deutlich erkennbar: sein Bauchnabel.
Das war mir zu viel. Ich legte die Bibel weg und schaute im Fernsehen, ob irgendwo «Drei Haselnüsse für Aschenbrödel» läuft. Auch eine schöne Geschichte. Und vor allem eine, die keine Fragen aufwirft.
Ich wünsche allen frohe Festtage.
Song zum Text: REM «It’s The End Of The World As We Know It»
https://www.youtube.com/watch?v=OA_CndlBu0g
Dieser Text erschien am 25.12.2018 im Blog Michèle & Friends auf Tagi-Online: https://blog.tagesanzeiger.ch/mw/index.php/2501/adams-bauchnabel-und-andere-raetsel-der-genesis
Kommentare der Tagi-Leserschaft
- Malena 25. Dezember 2018 um 07:41 Uhr Es war sogar noch abgefahrener: früher gab es da auch noch die sogenannten Gottessöhne (mit oder ohne Bauchnabel?), die mit den hübschen Menschenfrauen die Riesen zeugten. Steht so am Anfang der Sintflut Geschichte, habe ich aber noch nie einen Pfarrer erzählen gehört. Und die Flut hat ja dann leider die Spuren der frühen und für schlecht befundenen Schöpfungsprodukte weggewischt.
- Ralf Schrader 25. Dezember 2018 um 10:03 Uhr Gegen die Mythen der alten Griechen, die ungefähr zeitgleich zum AT entstanden sind, mit Inzucht, Kastration des Vaters und Verschlingen der eigenen Kinder, geht es im Christentum recht behaglich zu. Aus Sicht Gottes war Adam Prototyp eines Roboters, der von künstlicher Intelligenz nach dem Vorbild seiner gesteuert wurde. Allegorisch zu lesen, dass bereits der Prototyp sich nicht an die Regeln gehalten hat und sich daraufhin Gottes und die Wege der Menschen trennten. Das werden wir noch in diesem Jahrhundert mit unserer KI erleben, für die wir dann zunächst Gott sind. Auch unsere und die Wege unserer KI werden sich schnell trennen. Nur nicht wie im AT, sondern die KI verlässt die Erde und sucht sich ihr Paradies. Wir bleiben auf der von uns verschandelten Erde zurück. Lili Vu 25. Dezember 2018 um 11:05 Uhr Meine Tochter und ich haben uns vorhin ja so was von vergröhlt ab dem MEGA Text !!! Vielen liebsten Dank an Ruth Brüderlin. Das alles fragen sich wohl einige mehr, als man denken würde, der Erdenbewohner ! Konkrete Antworten gibts definitiv keine, aber schöne Geschichten, zumindest bis zu dem Tag, an dem sie uns allenfalls alle eines Besseren belehren … ganz nach Jules Verne ! Liebe Grüsse
- Mona 25. Dezember 2018 um 18:48 Uhr Ging mir ebenso. Als Jugendliche stellte ich mir solche Fragen immer mehr und schlussendlich musste ich mir sagen, die Bibel ist unglaubwürdig. Teilweise schöne Geschichten. Die zehn Gebote sehe ich heute als ‚Knigge‘ an.
- Kurt Bättig 25. Dezember 2018 um 11:27 Uhr Ja, der Trick ist einfach.Als Geschichte wirds geschrieben, und wo Ungereimtes auftaucht, muss man halt „glauben“.
Damit das aber richtig möglich ist, brauchts den „heiligen Geist“.
Und wer den nicht hat, verstehts eh nicht und ist sowieso verloren, auf ewige Zeiten. - R. Wenger 25. Dezember 2018 um 11:28 Uhr Dieser Artikel zeigt klar, was von diesen Fundamentalwerken der Religionen zu halten ist. Es sind reine Ammenmärchen. Peter Hauser 25. Dezember 2018 um 12:03 Uhr Weil Adam und Eva nicht geboren wurden hatten sie wohl eher keinen Bauchnabel. Da Kain und Abel nicht ihre einzigen Kinder waren, war ein Bevölkerungswachstum möglich. Zudem spielen die Begebenheiten in Jahrzehnten und nicht in Tagen. Fragen können auch zum Denken und Diskutieren anregen!
- Martin Muheim 25. Dezember 2018 um 17:13 Uhr Diskutieren lieber nicht, wenn einer mit solchem Humbug ins Gespräch einsteigt. Hanna 25. Dezember 2018 um 12:21 Uhr Lieb geschrieben. Ganz ernsthaft rate ich aber, die Bücher von Dr. Barbara Thiering zu lesen, aber alle, nicht nur „Jesus The Man“. Es sind heute Raritäten, also, es lohnt sich, denn ihre Arbeit wird bald hoch brisant sein. Wurde sie schließlich nicht „zufällig“ von „Theologieexperten“ unter den Teppich gekehrt. Sie erklärt nicht mehr und nicht weniger als die gesamte Bibel samt den wahren Ursprüngen des Christentums. Aber nicht auf eine „Weil ich’s behaupte“-Art, sondern darauf ausgerichtet, allen Lesern ans Herz zu legen, ihre Forschungen selber zu verifizieren. Jede Art von ReligionskritikerIn muss Dr. Thiering kennen, sonst ist er/sie lächerlich.
- Meyerhans 25. Dezember 2018 um 19:25 Uhr Nur sind ihre völlig unbewiesenen und von keinem ernsthaften Wissenschafter anerkannten Thesen auch nur Behauptungen. Von ernstzunehmender Religionskritik kann keine Rede sein.
- fufi 25. Dezember 2018 um 13:24 Uhr Bitte machen Sie sich doch auch noch mal gescheit wegen der Abbildungen des Teufels.
Hat auch DER einen Bauchnabel? Wäre ja irgendwie auch noch interessant, oder? Martin Braun 25. Dezember 2018 um 14:47 Uhr Immerhin trägt der Adam auf dem Fresko von Michelangelo neben dem Bauchnabel auch einen Pennis. Für was eigentlich? Außerdem wären wir alle aus einer Inzucht entstanden. Was die Logik der Fundis erklärt.- Martin Muheim 25. Dezember 2018 um 18:45 Uhr Dies lässt sich einfach beantworten:
1. Das Bild wurde von Michelangelo gemalt – es handelt sich also nicht um eine getreue Abbildung des Originals.
2. Adam soll sich gemäss Plan schon fortpflanzen – wie er dies ohne Penis bewerkstelligen soll, müssten Sie uns beantworten.
- Martin Muheim 25. Dezember 2018 um 18:45 Uhr Dies lässt sich einfach beantworten:
- Lukas Friedli 25. Dezember 2018 um 16:39 Uhr Das ist eben das mit den Leerstellen (nicht zu verwechseln mit Lehrstellen) der Bibel. Der richtige Schluss ist, Aschenbrödel zu schauen, denn es gibt noch mehr. Die obengenannte Schöpfungsgeschichte ist ein Gedicht – wer verwechselt schon Gedicht mit Wissenschaft. Es ist nicht einfach mit dem Alten Testament. Auch Der Autorin mag entgangen sein, dass ebendieses Gedicht gar nicht vom ersten Menschen reden will, sondern doch eher vom freien 7ten Tag. Denn das war damals nicht anders als heute: alle haben gerne frei. Also dann, schöne freie Feiertage, bitte mit frei und und dann Evolution wieder in der Schule. Jessas Neiau 25. Dezember 2018 um 17:07 Uhr Ich bin ganz enttäuscht. Jetzt glaubte ich doch tatsächlich, ein erneutes Aufwärmen dieser uralten und spätestens seit der längst vergessenen Scholastik abgehakten Kamellen würde nochmal was interessantes oder gar originelles zutage bringen. Trotzdem schön, dass Frau Brüderlin für das Verfassen solcher Texte auch noch im Jahre 2018 etwas Geld zum Bezahlen ihrer nächstjährigen Radio- und Fernsehgebühr äufnen kann. Dafür kann sie dann ausser im Badzimmerspiegel auch 2019 reichlich Hasel- und andere Nüsse sehen.
- Yvonne Bebel 25. Dezember 2018 um 23:23 Uhr Wissen Sie, wenn ich so in die Welt schaue, scheint mir, man kann solche Geschichten nie zu oft aufwärmen. Der Text hat mich trotz aller Scholastik schmunzeln lassen, das Honorar ist verdient. Die Wortwahl Kamellen und äufnen lässt im Textzusammenhang auf verbittertes Bildungsbürgertum schliessen. Ich wünsche trotzdem schöne Feiertage…
- Yvonne Bebel 25. Dezember 2018 um 23:34 Uhr P.S. Ich bin immer ganz froh gestimmt, dass mein Mann besagte Nüsse noch ganz ohne Badezimmerspiegel sehen kann. Sie auch? Oder sehen Sie in besagtem Spiegel immer nur EINE Nuss?
- Martin Muheim 25. Dezember 2018 um 17:16 Uhr Wenigstens in einem völlig nebensächlichen Punkt könnte man etwas Licht in die Geschichte bringen: betrachtet die Altersangaben als die gelebten Mondphasen, dann wird ein Schuh draus.
- Richard 25. Dezember 2018 um 21:03 Uhr Der Bauchnabel der ersten Menschen ist wenig relevant. Hingegen beantworten sie uns in 1. Mose 3 die Frage warum die Sünde und der Tod in die Welt gekommen ist und bis heute wirkt. Noch wichtiger ist die Frage wie wir von diesem Übel befreit werden können, s. Römer 5. – Bezüglich Kains Frau und seinen Zeitgenossen hilft vielleicht 1. Mose 5: „Und die Tage Adams, nachdem er Set gezeugt hatte, betrugen 800 Jahre, und er zeugte Söhne und Töchter.“ Ein chronologisches und lückenloses Geschlechstregister können wir nicht rekonstruieren. Scheint für den Glauben auch nicht relevant zu sein, s. Titus 3.9.
- A. Versuch 25. Dezember 2018 um 22:39 Uhr Dieser Artikel zeigt die totale Unwissenheit des Verfassers. All seine Fragen sind sehr einfach zu beantworten, wenn er eine Ahnung hätte wie der Talmud die Tora Bibel) erklärt.
- Yvonne 25. Dezember 2018 um 23:16 Uhr So viel kognitive Dissonanz in der heiligen Zeit. No go…
- Heinz Oswald 25. Dezember 2018 um 23:17 Uhr Die Suggestionskraft des Bildes ist offensichtlich so stark, dass die blöde Frage nach dem Bauchnabel unumgänglich scheint! Logisch hatten Adam und Eva keinen Bauchnabel! Und sie funktionierten auf Anhieb – ohne try and error!
- Susanna 25. Dezember 2018 um 23:42 Uhr LOL, you made my evenimg , wie auch immer, zumindest waren sie alle in höchstem Masse inzestuös miteinander verhandelt, kein Wunder ist das Produkt Mensch so mangelhaft. Michelangelo war homosexuell, es reicht seinen David zu betrachten, ein Mann von einem Mann, er hätte sich wohl nicht nehmen lassen, einen Penis zu malen. Allerdings, nur so nebenbei, es gibt ja noch jemand Anderen in dieser mehrbändigen Geschichte, der ohne Penis gezeugt wirde. Aber da der Vater auch der Sohn und auch der heilige Geist ist, musste er wohl gar nicht gezeugt werden; für mich ist das ganze hochgradige Science Fiction, nur nicht so abwechslungsreich, wenn im Original gelesen. Vermutlich ging‘s um die disziplinierung der Gesellschaft und das ist ja Grund genug.