Kürzlich klingelte ein älteres asiatisches Paar. Sie kämen aus Los Angeles und wollten zu Christina. Aha. Ich kenne keine Christina. Also ich kenne schon eine, aber die wohnt auf der anderen Seite der Stadt. Es ist etwas entwürdigend, in Mickey-Mouse-Sweat-Shirt und Kuschelsocken vor Fremden zu stehen. Das trug ich mit Fassung. Leicht ungehalten war ich, weil ich ziemlich genau wusste, wohin das Paar wollte. Zu meinem Feind. Oder besser, zu meinen Feinden, denn bisher dachte ich, er heisse Max. Offenbar hat er eine Komplizin.
Mister G. vom dritten Stock behauptet, das seien zwei, eher drei. Mindestens. Wahrscheinlich das ganze Haus, gemessen an Kadenz und Anzahl Asiaten – warum eigentlich immer Asiaten? – die unter unseren Balkonen mit Rollkoffern vorbeimarschieren. Sie suchen ihre Airbnb-Unterkunft. Die ist um die Ecke, und aus Gründen, die nur zum Teil architektonisch bedingt sind, führt ihr Wegbeschrieb bei uns vorbei. Und er ist lausig, der Wegbeschrieb. Ich wohne in Nummer 211. Die Asiaten suchen die Nummer 82 der dahinter liegenden Strasse die anders heisst. Scheint denen Hans was Heiri, ich bin offenbar ihre erste Adresse für Auskunft oder die Herausgabe meines W-Lan-Passwortes, weil die Fremden dringend ihren Host kontaktieren müssten. Manchmal irren sie im Hinterhof herum oder versuchen, sich gewaltsam Zutritt zu einem der Häuser zu verschaffen.
Eine Zumutung. Aber an mir kommen sie nicht vorbei.
Oder um es mit Jack Lemon zu sagen: ich bin klein, aber unglaublich drahtig. Jedenfalls habe ich diesem Max das Problem freundlich in einem Brief dargelegt. Mit der Bitte, Kontakt mit mir aufzunehmen. Er hat sich natürlich weder gemeldet noch seine Wegbeschreibung geändert.
Dabei weiss ich mittlerweile dank der Touris ein paar interessante Sachen über ihn. Zum Beispiel, wo er den Wohnungsschlüssel deponiert. Boshafterweise habe ich das rumerzählt. Damit der Verdacht nicht auf mich fällt, falls ich mir mal Zutritt zu seiner Wohnung verschaffe.
Mit soviel kriminieller Energie hätte ich eine Karriere als Betrügerin ins Auge fassen können. Leider bin ich vergesslich, was lügen schwierig macht.
Item. Airbnb. Buche ich selber gern in den Ferien. Und finde es in Ordnung, ein vorübergehend voriges Zimmer oder bei Abwesenheit die ganze Loge unterzuvermieten. Tut man das gewerblich, finde ich es nicht okay. Es geht nicht, in einer von Wohnungsknappheit arg gebeutelten Stadt wie Zürich oder Genf eine günstige Wohnung dem Markt zu entziehen, um Kohle zu machen. Das ist unsolidarisch und fies.
Abgesehen vom Moralischen: Sollen sie es wenigstens deklarieren, Abgaben und Steuern auf die Einnahmen zahlen, Vorschriften einhalten. Und den Weg so beschreiben, dass die Nachbarschaft nicht behelligt wird. Es geht ja auch um Sicherheit der Gäste. Da kommen die von weit her und das erste was sie von Zürich sehen, bin ich in Socken…
Ich habe die Gewerbepolizei angerufen um zu Jammern. Die verwies mich an die Wirtschaftspolizei. Der Beamte wusste gleich, wovon ich sprach. Ich soll mal beim Hausbesitzer oder der Verwaltung nachfragen. Mit anderen Worten, ich soll zum Verräter werden, neudeutsch Whistleblower.
Aber wer weiss, ob Verwaltung/Besitzer nicht selber dahinter steckten. Meine Recherchen auf Airbnb offenbarten, dass das halbe Quartier auf der Plattform vermietet. Merkt das niemand? Interssiert das niemanden?
In Berlin, Barcelona und auf Mallorca gab es wegen Airbnb schon Aufstände der Einheimischen
Der Wirtschaftsbeamte hatte noch ein paar interessante Tipps. Er empfahl ein Schreiben an das Amt für Bauwilligungen: der Betrieb eines hotelähnlichen Gewerbes sei nicht mehr nutzungsgerecht. Oder die besorgte Nachfrage beim Steueramt, ob dieser Max und diese Christina ihre Einnahmen ordnungsgemäss deklarierten.
Hintenrum liegt mir nicht, ich streite gern direkt und mit offenem Visier. Darum klingle ich demnächst direkt chez Max und Christina. Ich biete meine Hilfe an beim Umformulieren des Wegbeschriebs. Vielleicht werden wir sogar gutnachbarliche Freunde. Falls Du in den nächsten Wochen nichts mehr von mir hörst, haben sie mich unschädlich gemacht und nun meine Leiche im Keller.
Falls sie mir nur die Türe vor der Nase zuschlagen, verrate ich im nächsten Blog, wo sie die Schlüssel verstecken.
Mehr zum Thema Airbnb und seine Folgen gibts hier: https://www.blick.ch/news/schweiz/mieterverband-fordert-wegen-verstaerkten-problemen-airbnb-soll-reguliert-werden-id7408260.html
Der Song zum Thema.